So erstellen Sie Energieleistungskennzahlen (EnPI) für die ISO 50001

Ein Energiemanagementsystem nach ISO 50001 soll die energiebezogene Leistung eines Unternehmens systematisch verbessern. Damit diese Verbesserung nachvollziehbar und messbar wird, sind geeignete Kennzahlen erforderlich. An sie stellt die Norm spezifische Anforderungen, die nicht nur Einfluss auf die Datenauswertung, sondern auch die Datenerfassung haben.
In diesem Beitrag stellen wir vor, wie Sie Energieleistungskennzahlen (EnPI) nach dem speziell dafür erstellten Leitfaden ISO 50006 definieren und welche Schritte dabei zu beachten sind.
Kennzahlen für ISO 50001 nach dem ergänzenden Leitfaden ISO 50006
Um eine Steigerung der Energieeffizienz objektiv nachweisen zu können, sind aussagekräftige Kennzahlen nötig. Die ISO 50001 nennt diese Energieleistungskennzahlen (EnPI – Energy Performance Indicator). Allerdings finden sich in der Norm keine konkreten Vorgaben, wie diese Kennzahlen aussehen oder gebildet werden müssen. Einen Leitfaden dafür bietet aber die ergänzende Norm ISO 50006 („Energiemanagementsysteme – Messung der energiebezogenen Leistung unter Nutzung von energetischen Ausgangsbasen (EnB) und Energieleistungskennzahlen (EnPI) – Allgemeine Grundsätze und Leitlinien“).
Der Fokus bei der Kennzahlenbildung liegt dabei auf den SEUs (Significant Energy Uses) – also den Bereichen mit besonders hohem Energieverbrauch. Schließlich haben sie entsprechend starken Einfluss auf die energiebezogene Leistung und bieten damit größere Potenziale für die Steigerung der Energieeffizienz.
Der ISO-50006-Leitfaden ist übrigens nicht nur für Unternehmen mit einem zertifizierten Energiemanagementsystem hilfreich. Auch Organisationen, die ihre Energieeffizienz unabhängig von einer Zertifizierung verbessern möchten, können sich an den Vorgaben orientieren.
EnPI erstellen nach ISO 50006 – Schritt für Schritt erklärt
Um aussagekräftige EnPI zu definieren, empfiehlt die ISO 50006 ein strukturiertes Vorgehen, das wir in den folgenden Schritten genauer erläutern.
1. Informationen zur energiebezogenen Leistung sammeln
Der erste Schritt beim Anlegen der spezifischen Energieleistungskennzahlen ist, sich einen Überblick über die gesamte energiebezogene Leistung im Unternehmen zu verschaffen. Dazu gehört, alle energieverbrauchende Prozesse, Anlagen und Systeme zu identifizieren. Wo sind welche Daten schon vorhanden und wo sind noch Datenlücken? Außerdem sollte geklärt werden, wer mit den jeweiligen EnPI später arbeiten soll (z.B. das Management, der Einkauf oder die Produktion).
2. Definition und Quantifizierung von Energieflüssen
Im nächsten Schritt geht es darum, die Energieflüsse innerhalb des Unternehmens zu erfassen. Dazu werden die eingesetzten Energiearten sowie deren Mengen ermittelt. Oft kommt hier eine visuelle Darstellung mit einem Sankey-Diagramm zum Einsatz. Dieses Energieflussdiagramm zeigt auf einen Blick, wo Energie eingesetzt wird und wie sie sich im System verteilt.
Mehr zur Anwendung und zum Nutzen der Visualisierungsform im Energiemanagement finden Sie in unserem Blog-Beitrag zum Sankey-Diagramm.
3. Definition & Quantifizierung von Einflussgrößen
Der Energieverbrauch wird nicht nur durch technische Prozesse bestimmt, sondern auch durch äußere Faktoren wie Produktionsmengen, Betriebszeiten oder Wetterbedingungen. Diese Einflussgrößen sollten identifiziert und möglichst quantifiziert werden. Dabei lohnt sich ein kritischer Blick auf die vorhandene Datenlage: Sind die relevanten Informationen bereits verfügbar oder müssen zusätzliche Datenquellen erschlossen werden? Welche Möglichkeiten stehen dafür zur Verfügung?
4. Datenerfassung von Energieflüssen & Einflussgrößen
Damit Energieleistungskennzahlen belastbar sind, müssen die zugrunde liegenden Daten zuverlässig und vollständig vorliegen. Das betrifft sowohl die Energieflüsse als auch die relevanten Einflussgrößen. Falls die bestehende Messinfrastruktur nicht ausreicht, ist eine Erweiterung des Messkonzepts durch weitere Messgeräte an geeigneten Stellen sinnvoll. Hilfreich ist es an dieser Stelle, wenn die für die Datenerfassung verwendete Software sehr flexibel hinsichtlich der Datenintegration ist.
Unsere Energy Monitor Software ermöglicht es beispielsweise, unterschiedlichste Datenquellen (ob Messtechnik oder Schnittstellen zu anderen Systemen) herstellerunabhängig einzubinden. Das sorgt für eine zukunftsfähige (weil einfach erweiterbare) Datenbasis für das Energiemanagement.
5. Festlegung der Kennzahlengrenzen
Damit Energieleistungskennzahlen aussagekräftig und über längere Zeiträume vergleichbar bleiben, müssen ihre Grenzen klar definiert sein. Gemeint sind damit die organisatorischen und technischen Rahmenbedingungen, innerhalb derer die Kennzahl gilt. Ohne diese Festlegung besteht die Gefahr, dass sich die Aussagekraft der Kennzahl durch Veränderungen im Unternehmen verfälscht, z.B. durch neue Maschinen oder neue Gebäude, die einfach in eine vorhandene Kennzahl aufgenommen werden.
Folgende Fragen helfen bei der Definition der Kennzahlengrenzen:
- Welche Prozesse, Anlagen oder Standorte sollen in die Berechnung der Kennzahl einbezogen werden?
- Welche Energiearten werden berücksichtigt? (Strom, Gas, Wärme …?)
- Welche Systemgrenzen gelten? (z.B. nur Berücksichtigung der Produktion oder auch der Verwaltung?)
Eine saubere Abgrenzung schafft Transparenz und sorgt dafür, dass die Kennzahl auch bei zukünftigen Veränderungen ihre Aussagekraft behält.
6. Energieleistungskennzahlen definieren
Die ISO 50006 unterscheidet vier Typen von Kennzahlenarten. Jede eignet sich besser oder schlechter für bestimmte Anwendungsfälle.
Absolute EnPIs bilden den Gesamtenergieverbrauch ab, ohne ihn in Beziehung zu anderen Größen zu setzen. Sie sind recht einfach zu erheben, liefern aber nur begrenzte Informationen über die tatsächliche energiebezogene Leistung des Unternehmens.
Beispiel:
- Gesamtenergieverbrauch eines Unternehmens
- Stromverbrauch einer Anlage
Relative Kennzahlen setzen den Energieverbrauch in Verhältnis zu einer anderen Größe, etwa zur Produktionsmenge oder zur Fläche. Sie sind hilfreich für Vergleiche, können aber bei stark schwankenden Einflussgrößen wie z.B. der Heizenergieverbrauch abhängig von besonders kalten oder warmen Jahren) an Aussagekraft verlieren.
Beispiel:
- Energieverbrauch pro produziertem Stück
- Energieverbrauch pro Fläche
Diese Kennzahlen berücksichtigen mehrere Einflussgrößen und stellen komplexere Zusammenhänge dar. Sie werden häufig mithilfe von Regressionsanalysen berechnet und eignen sich besonders für die Normalisierung von Verbrauchsdaten.
Beispiel:
- Witterungsbereinigter oder grundlastbereinigter Energieverbrauch
- Energieverbrauch pro produziertem Stück abhängig von Produktionsmenge
Technisch modellierte Kennzahlen basieren auf physikalischen oder ingenieurtechnischen Modellen, die den Energieverbrauch durch bekannte technische Zusammenhänge beschreiben. Sie sind besonders nützlich, wenn Prozesse klar und mathematisch beschreibbar sind.
Beispiel:
- Wirkungsgrad einer Wärmeerzeugungsanlage (basierend auf thermodynamischen Gleichungen wie Verbrennungswirkungsgrad, Abgasverluste…)
- Energieverbrauch eines elektrischen Motors (pro Betriebsstunde bei definierter Last) ➔ technisches Modell mit Drehmoment, Wirkungsgrad und Lastprofil (z.B. für Identifikation von Überdimensionierung oder ineffizientem Betrieb)
7. Festlegen der energetischen Ausgangsbasis
Die energetische Ausgangsbasis (Energy Baseline – EnB) dient als Referenzpunkt für die Bewertung der energiebezogenen Leistung. Wichtig ist, dass dieser Zeitraum typische Betriebsbedingungen widerspiegelt und keine außergewöhnlichen Ereignisse umfasst; ein Jahr mit pandemiebedingten Einschränkungen wäre beispielsweise ungeeignet. Die Auswahl der EnB sollte dokumentiert werden, inklusive Zeitraum, Datenquellen, Berechnungsmethode und berücksichtigter Einflussgrößen. Da sich Prozesse und Rahmenbedingungen im Unternehmen verändern können, verlangt ISO 50001 eine regelmäßige Überprüfung und gegebenenfalls Anpassung der EnB.
8. Praktische Anwendung der EnPI
Sind die EnPI und die EnB definiert, können sie gezielt eingesetzt werden, um Energieziele abzuleiten und die energiebezogene Leistung kontinuierlich zu überwachen. Die regelmäßige Erfassung und Auswertung der Kennzahlen ermöglicht es, Fortschritte zu bewerten und geeignete Maßnahmen zur Zielerreichung abzuleiten. Eine Energiemanagement-Software wie der Energy Monitor unterstützt diesen Prozess, indem sie Kennzahlen automatisiert berechnet, Berichte in gewünschten Intervallen bereitstellt und alle relevanten Informationen transparent und vollständig dokumentiert.
Weniger Aufwand mit Energieleistungskennzahlen durch die richtige Software
Die Definition von Energieleistungskennzahlen im Rahmen der ISO 50001 ist ein anspruchsvoller, aber zentraler Bestandteil eines wirksamen Energiemanagementsystems. Eine solide Datenbasis, klare Systemgrenzen und die passende Kennzahlenart sind entscheidend, um die energiebezogene Leistung objektiv bewerten zu können. Gerade bei komplexeren Berechnungen stoßen Programme wie Excel schnell an ihre Grenzen – spezialisierte Softwarelösungen bieten hier deutliche Vorteile in Bezug auf Effizienz, Transparenz und Nachvollziehbarkeit.
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